...eine Woche im Jahr
zusammen reiten...
Das muss doch zu schaffen sein!
Wir vier Frauen der
Senioren-Klasse haben nur diesen einen Wunsch und müssen uns
mächtig anstrengen, dass es auch dabei bleibt!
Ritwa und Ursel aus dem
Erzgebirge, Cordula aus Torgau und ich: Anstifter des Rittes,
unfallgeschüttelt und mail- bzw. anruftechnisch vollkommen
unzuverlässlich, wollen in der Märkischen Schweiz reiten.
Ritwa organisiert kurzfristig beim Gestüt Senftleben in Pritzhagen
unsere Unterkunft, Cordula muss in letzter Minute den ganzen Urlaub
absagen und ich lade mein Fuchspferd am Montag Vormittag auf den
Hänger, schlage die Klappe zu und fahre mit Ibris gen Norden...
Leider hatte ich wohl bei
Google-map „offroad“ oder „kürzeste
Strecke“ eingegeben, jedenfalls entschuldige ich mich jetzt
offiziell bei meinem Reitpferd für die 12 km einspurige, aus
original märkischen Feldsteinen gepflasterte Landstraße, die
mein armes Pferdchen nur in einem Schütteltrauma wahr genommen
hat. – Dabei hat es nicht an Warnungen eines einheimischen
Bürgers gefehlt, der mir geraten hat, zurück zu fahren.
– Aber als echter Wanderreiter geht’s nur immer voraus, nie
zurück!
Mittag ist Pritzhagen erreicht.
Großes Hallo bei uns Dreien und wir wollen gleich eine kleine
Runde reiten: Ohne Karte, wird schon werden... Wir finden den kleinen
und großen Turnowsee, erwischen viele kleine Pfade und auch mal
Asphalt, dann ein Hinweisschild: „Zur Wolfsschlucht“. Klar:
klingt gut und verheißungsvoll, dann wird’s schnell immer
enger zwischen den Gesteinsbrocken, die Bäume liegen quer in
Höhe Widerrist und der Anstieg ist für Flachlandtiere wie
Ibris gewöhnungsbedürftig. Umdrehen geht auch nicht so
richtig, „Rückwärtsrichten“ hieß die
Übung aus dem Dressurviereck... Zum bestellten Abendbrot kommen
wir natürlich zu spät, wir erzählen fröhlich Frau
Günther, der Chefin unserer Pension und selbst passionierte
Reitersfrau (siehe Reitjagdfotos in der Gaststätte) von der
Wolfsschlucht und diese fragt uns dann in freundlicher Sachlichkeit:
„Morgen vielleicht was leichteres? Mal nach Ihlow?“
Klar: Nach Ihlow. Friedliche 6
Kilometer. Wetter ist ein bisschen warm, die Pferde sind gut drauf, wir
beschließen – bei diesmal vorhandenem Kartenmaterial
– die Naturparkroute von vor geschätzten 7 Jahren
weiter entlang zu reiten. So um die 35 km über Batzow, die
Batzower Teiche, durchs NSG „Gottesgabe“, den Lettinsee
kürzen wir ein wenig ab, dafür gibt’s Dolgensee und
Kesselsee zu bestaunen. Im Dörfchen „Julianenhof“
sehen wir eine kleine Herde Araber im Garten stehen, schauen, lernen
Kathleen kennen, trinken Hollerblütentee, bestaunen ihre
herzallerliebste Sommerküche, informieren uns über den Ausbau
von alten DDR-Wohnwagen (die richtig Großen!) und - kommen
natürlich wieder zu spät zum Abendessen bei Frau
Günther. Wir haben damit den Status „Pensionsgast“
verloren und werden ab sofort nur noch unter „Reiter“
geführt. Inzwischen macht sich Herr Günther Sorgen um unsere
Pferde: „Wenn Ihr morgen wieder soviel reitet, müssten die
Pferde dann mal einen Tag Ruhe bekommen.“ Hmmmm.
Wir beschließen: heute
leichte Bewegung für unsere Pferde. Auf nach Norden! Über den
Wachtelberg, den großen und kleinen Wesenberg, schwupps sind wir
wieder dort, wo sich auf der Karte die Höhenlinien dicht
aneinander schmiegen. Ich aktiviere mein lückenhaftes
Gedächtnis und verspreche Ursel (bekennnende Baumliebhaberin) den
Anblick der beeindruckenden „Wurzelfichte“. Blankes
Entsetzen macht sich bei mir breit, als wir nur einen Stubben und
vermoderndes Holz finden... Dabei hatte ich die Fichte STEHEND in
Erinnerung, es fällt mir schwer, Worte des Trostes für Ursel
zu finden... Am Abend das aufklärende Gespräch mit dem Chef.
Vor 7 Jahren STAND die „Wurzelfichte“ noch – ich
brauch meine Krankenkasse nicht über den rasanten Fortschritt
meiner Alzheimer-Erkrankung zu informieren...
Und an diesem Tag hatten wir
noch eine sehr beeindruckende Begegnung: Der Seniorchef führte uns
sehr nett durchs Gestüt, da wurde geplaudert über
Vollblutanpaarung in der DDR-Warmblutzucht, Fohlis wurden fotografiert,
Ahnentafeln ganzer Sportpferdegenerationen rekonstruiert, Hengste
bestaunt. Wir fragen Herrn Senftleben nach dem besten Weg zum
„Roten Luch“, ein riesiges Wiesen-Feuchtgebiet, die
Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee. Sachlich - wie seine Tochter
am ersten Tag - rät er uns zu Gummistiefeln und einem Tag unter
20°C für den Besuch, auch die Pferde zu Haus zu lassen –
eben ein Pferdeliebhaber durch und durch...
Wir nehmen den Rat an und
reiten am nächsten Tag die Stobber entlang, ein Flüsschen in
Richtung Süden. Wir erwarten steinige Wege und finden traumhaft
schlängelnde Pfade am Wasser, breite Wege, die zum Galoppieren
einladen. Unsere Pferde sind fitt, das Müsli wirkt oder war es der
halbe Ruhetag? Galopp! An diesem Abend reise ich leider schon ab, Ursel
und Ritwa empfehle ich für den letzten Tag einen Aufstieg
zum Teufelsstein, den wir auch auf der Karte von Fr. Günther
finden...
Die Fotos zeigen mir: Die
beiden waren dort und haben den wunderschönen Ausblick auf den
kleinen und großen Turnowsee genossen...
So gern wäre ich auch noch den letzten Tag mit geritten...
Aber die Pläne stehen
schon für's nächste Jahr! Und die Reitjagd-Chefin hat eine
Karte spendiert: Wanderreiten in Polen.
Den Sprachführer hab ich
schon, der informiert auch über Land und Leute, ich zitiere:
„Polen sind rasante Autofahrer - trotz schlechter
Straßenverhältnisse... Die Beschilderung ist
dürftig.“
Und Ibris sollte polnisch lernen, nur ein paar Wörter:
Zapiac pasy na pokladzie....................sich an Bord anschnallen
Boli mnie glowa..................................Ich habe Kopfschmerzen.
Und ich lerne:
Jak dostane sie do autostrady w kierunku Cottbus?
Wie komme ich zur Autobahn nach Cottbus?
Bis zum nächsten Jahr!
Katrin Wieczorek.
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